Ariadne von Schirach

Das Buch liest sich nicht an einem Wochenende, schon gar nicht an einem Tag. Wenn man das Thema Lust und den großen Einfluss ernst nimmt, den dieser menschliche Urtrieb auf unser tägliches Leben hat, muss man sich viel Zeit nehmen. Die umfangreiche Literaturliste verdient es zuerst abgearbeitet zu werden. Erst dann kann man verstehen, was Ariadne von Schirach uns sagen will. Ihr Buch beschränkt sich aus verständlichen Gründen auf eine wohl durchdachte Gliederung der wichtigsten Aspekte der Lust und auf die dazu passenden Zitate aus den aufgelisteten Literaturquellen.
Ihre Kommentare sind fundiert und leicht nachvollziehbar, gelegentlich geraten aber ohne Vorwarnung privat gefärbte Meinungen dazwischen, die sicher nicht bei allen am Thema interessierten Leserinnen und Lesern ungeteilte Zustimmung finden. Aber das Buch erhebt ja auch keinen Anspruch auf wissenschaftliche Fundiertheit.
Insgesamt ein ermutigender Denkanstoß in Form geballter literarischer und gelegentlich auch philosophischer Energie.
Auf den Urknall der Erkenntnis wartet man aber vergeblich. Lust ist und bleibt eine höchst individuelle Erfahrung und die Ergründung ihrer Verflechtung mit Gesellschaft, Politik und Kirche ist ein heißes Pflaster, auf dem die effektivste Fortbewegungsform eben ein heißer Tanz ist, sprich möglichst wenig Kontakt mit dem glühenden Kohlenbett.
Wer eine umfassende Literaturliste sucht, um sich in dieses äußerst spannende Gebiet einzuarbeiten, wird bestens bedient. Es liest sich trotz der Vielfalt an kommentierten Fundstellen pausenlos amüsant und liefert manche Anregung, die direkt in die eigene Phantasie einfließen kann, sofern man diese nicht hat verkümmern lassen …
Doch selbst dann kann das Buch als Notanker dienen, es lässt sich vorzüglich zwischen die Knie klemmen.… (meer)